Um sich ein Bild von der Situation vor Ort machen zu können, war eine Reise in die nördlichen und besonders gefährdeten Gebiete Simbabwes für Mitte März geplant. Der Flug war schon gebucht, aber dann kam der Lockdown und die Reise musste gecancelt werden. Schon kurz nachdem Deutschland alles herunter gefahren hatte, folgte auch ein kompletter Lockdown in Simbabwe. In Deutschland waren die Folgen des Lockdowns spürbar, weil das erste Mal seit sehr langer Zeit Lücken in den Regalen der Supermärkte auftauchten. Toilettenpapier, Hefe, Mehl oder Nudeln waren von besonders ängstlichen Menschen in solchen Mengen gekauft worden, dass es tatsächlich zu Engpässen kam. Aber niemand musste hungern oder sonst wie darunter leiden. Die Schüler, die nicht mehr zur Schule gehen konnten, bekamen Homeschooling in Form von Aufgaben und Unterrichtsstoff per Email. Alles lief ein bisschen anders, aber es lief.
In Simbabwe bedeutet ein Lockdown für viele Menschen das Abgeschnittensein von Lebensmitteln und den wenigen Geldmitteln, die durch den Verkauf von Früchten oder Gemüse aus dem eigenen Garten erzielt werden können. In Simbabwe wurde das Leben auf 0 gestellt, die Straßen wurden durch Polizei und Militär bewacht und den Menschen war es verboten, die Häuser zu verlassen. Aber in diesen Häusern gibt es nichts, sie sind nicht gebaut für den permanenten Aufenthalt ganzer Familien. Und es gab nichts mehr zu essen, für die die ein Stück Land bewirtschafteten, gab es die Möglichkeit, die Ernte in Form von Mais, Tomaten, Gemüse selbst zu essen anstatt auf dem Markt zu verkaufen. Dies aber zieht nach sich, dass keine finanziellen Mittel für das Saatgut für das kommende Jahr erworben werden können und die Krise sich möglicherweise über Jahre hinziehen wird.
Während des Lockdowns stand ich mit Alington in ständigem Kontakt und er berichtete viel über die immer kritischer werdende Situation in Simbabwe. Einmal schickte er mir einen Aufruf eines Kinderheims, in dem um Decken gebeten wurde. Ich bat ihn, dieses Kinderheim doch einmal zu besuchen und sich ein Bild von den dort herrschenden Verhältnissen zu machen.
Ein paar Tage später schickte er mir Bilder und einen Bericht über das Kinderheim. Dort wurden seit dem Lockdown viele Kinder abgegeben, weil die Eltern keine Möglichkeit mehr sahen, ihre Kinder zu ernähren. Statt 50 lebten nun 85 Kinder im Heim. Das Heim selbst lebt nur von Spenden, die öffentlichen Gelder – und damit auch die Gehälter der 10 Angestellten, wurden seit 2014 eingestellt. Natürlich ebbten auch die Spenden für das Heim drastisch ab und die Angestellten wussten nicht mehr, wie sie die Kinder ernähren sollten. Alington war so betroffen, dass er sofort in seinem Bekanntenkreis einige Kohlköpfe organisierte und sein letztes Bargeld auch dort lies. Von Mai bis September unterstützen Alington und ich das Heim und die 85 Kinder gemeinsam. Ich schickte einige Male Geldbeträge und Alington fuhr mit einem kleinen LKW und sammelte gespendetes Gemüse oder Mais ein. Mit dem Ende des Winters und der ersten Lockerungen des Lockdowns im Oktober war die akute Gefahr gebannt. Dennoch bleibt das Heim auf Unterstützung angewiesen. Dies zum Beispiel auch, weil kaum Geldspenden eingehen und das Heim deshalb nicht über ausreichende Mittel für das Schulgeld für die Kinder verfügt.
Es gibt in Simbabwe zwar eine Schulpflicht und kein Kind kann vom Besuch der Schule abgehalten werden. Allerdings gibt es regelmäßige Prüfungen, deren erfolgreiche Absolvierung über die weitere Schulkarriere und den Abschluss entscheiden. Wenn kein Schulgeld bezahlt wurde, können die betroffenen Kinder nicht an den Prüfungen teilnehmen und erhalten so niemals einen Schulabschluss. Hier gibt es auch erste Überlegungen, wie man Spenden für die Kinder im Heim akquirieren könnte, z.B. durch Patenschaften. Aber auch dies muss vor Ort noch geklärt werden.